Ein Beitrag von unserem Ãœberlinger Stadtrat Thorsten Peters
Die Stadträte sind aufgebracht, weil das neue Überlinger Quartier Südlich Härlen, das derzeit unterhalb des neuen Pflegezentrums Überlingen am Krankenhaus aus dem Boden gestampft wird, so gar nicht ihren Vorstellungen entspricht. Gemeinderatskollege und Landschaftsarchitekt Herbert Dreiseitl von den Grünen kritisierte schon vor Wochen: „das was sichtbar ist, haben wir nicht bestellt“, es „erinnert derzeit eher an Panzersperren und Verteidigungsgräben aus dem ersten Weltkrieg“. Damit liegt er nicht ganz daneben, wie das Foto erkennen lässt.
Aufgrund der vorgebrachten Kritik hat Baubürgermeister Thomas Kölschbach kurzerhand in der Sitzung des Bauausschusses letzten Montag unter dem allgemeinen Tagesordnungspunkt Berichte die Projektbeteiligten vortragen lassen, wie es zu den unerwarteten Ausformungen kommt. Da das Vorhaben lange vor meiner Zeit im Gemeinderat beraten und beschlossen worden war, lausche ich aufmerksam den Ausführungen, werde daraus aber nicht schlau. Der Projektleiter trägt die Historie vor:
Er zeigt die Visualisierung einer schönen breiten, verspielten Grünanlage mit schlängelndem Bach, wie sie ursprünglich geplant gewesen war. Es wäre ein wunderbares parkartiges Spazier- und Spielgelände für die Anwohner gewesen, das gleichzeitig der Retention gedient hätte, also dem Auffangen des Wassers bei Starkregenereignissen. Aber leider musste es dann auf Beschluss des Gemeinderats minimiert werden und selbst in einer schmaleren Version sei ein schlängelnder Bach nicht mehr erwünscht gewesen, weil das wieder ein paar Quadratmeter mehr beansprucht hätte. Um den Anforderungen der Wasserrückhaltung gerecht zu werden, blieb dann nichts mehr anderes übrig, als tiefe Auffangbecken anzulegen und möglichst platzsparend anzuordnen. An den nun steilen Böschungen, wo Passanten beim Betreten leicht abrutschen könnten, werden zur Sicherheit dornige Sträucher gepflanzt.
Merkwürdig, denke ich mir, wieso wurde denn überhaupt das schöne Konzept durch dieses hässliche technische Gebilde ersetzt? Erst mit dem Wortbeitrag des Kollegen Ingo Wörner fällt bei mir der Groschen. Er ist schon länger im Gemeinderat als ich und kommt zu dem Schluss, dass das demnach wohl tatsächlich alles seine Richtigkeit habe und wir uns nicht darüber beklagen könnten. Das neue Erscheinungsbild sei eben den Erfordernissen geschuldet, nachdem der Gemeinderat das ursprüngliche Konzept zugunsten einer hochverdichteten Bauweise verworfen hatte.
Daraufhin melde ich mich auch zu Wort und frage: Habe ich das richtig verstanden? Ursprünglich war die großzügige parkähnliche Anlage mit einem schönen Bachverlauf für die Bewohner des neuen Quartiers geplant, dann aber verworfen worden, weil mehr Wohnraum geschaffen werden sollte? Der Grund für die jetzige quadratisch-praktisch-Lösung mit geringer Lebensqualität ist also, dass wir hier so viele Menschen ansiedeln müssen?
Betretenes Schweigen herrscht im ganzen Raum. Ingo Wörner ruft ein höhnisches „Ja!“ rein, aber niemand will lachen. Im Gegenteil, Baubürgermeister Kölschbach blickt nach unten und murmelt nach einer Weile was von sozialen Erfordernissen und Abwägungen. Der Zusammenhang zwischen der abstrakten Regierungspolitik der offenen Grenzen und den konkreten Auswirkungen auf die Lebensqualität der Überlinger Bürger war in diesem Gremium bislang ohne die AfD nie ausgesprochen worden.